Homeoffice – in Zukunft normal?

 
Hat sich da unser Arbeitsumfeld gerade auf lange Sicht verändert? Wird Homeoffice zur Normalität? Während diese Arbeitsform vor der Krise kontrovers diskutiert wurde, zwang uns Corona ins Homeoffice, ohne dass wir lange darüber hätten debattieren können, ob es funktioniert. Und siehe da – läuft bei uns.

Selbstverständlich gibt es Vor- und Nachteile. Aber da uns das Schicksal aufs Auge gedrückt hat, es mal auszuprobieren, wissen wir nun immerhin, wovon wir überhaupt sprechen. Wir sind jetzt in der Lage das Für und das Wider abzuwägen, denn wir konnten Erfahrungen sammeln.

Was für viele Werktätige im Homeoffice zur Herausforderung werden kann, ist, sich zwischen Frei- und Arbeitszeit abzugrenzen. Man ist sozusagen rund um die Uhr erreichbar, kann vor dem Schlafengehen noch schnell Mails checken oder jemandem ein Dokument zukommen lassen. Hier gilt es, sich einen klaren Zeitplan zurechtzulegen und sich so gut wie möglich daran zu halten. Klar, wenn man zwischendurch eine Runde joggen geht, ist es selbstverständlich, die Zeit am Abend nachzuholen. Da ergeht es übrigens den Freelancern nicht anders – die arbeiten nämlich nicht weniger als Personen im Angestelltenverhältnis. Nur flexibler. Und kosten das aus.

Eine weitere Schwierigkeit erscheint mir, dass viele Personen im Homeoffice gezwungen sind, am Küchentisch oder auf dem Sofa mit dem Laptop auf dem Schoss zu arbeiten. Für Digital Natives absolut normal – am besten noch mit riesigen Kopfhörern über die Ohren gestülpt und irrem Sound beschallt. Für Middle Agers und ältere Arbeitnehmer hingegen ist das ungewohnt und führt zu Unbehagen. Für die arbeitet es sich an einem funktional eingerichteten Arbeitsplatz schlicht besser. Also ist es wichtig, dass man sich das Büro zu Hause zweckmässig einrichtet.

Die Motivation könnte leiden, wird ebenfalls ins Feld geführt. Allgemein ist der «Schlendrian» wohl für die meisten ein Thema. Im Schlabberlook ungewaschen am Computer zu hocken, der fehlende, oftmals auch inspirierende Austausch mit Kollegen, das Gefühl von Einsamkeit – all das kann dazu führen, dass man sich nicht zur Arbeit aufraffen mag und sich hängenlässt. Da gibts nur eins: Die Morgenroutine wie gewohnt durchspielen: Wecker stellen, duschen, sich anständig anziehen, vernünftiges Frühstück einnehmen und dann starten. Das alles hat auch mit einer Portion Selbstachtung zu tun. Wichtig ist, sich einen Arbeitsplan zurechtlegen, aufschreiben, was man erledigen will und die vollbrachten Arbeiten nach und nach abhaken. Abhaken «feels good, man»! Wer an Einsamkeit leidet, kann sich über Zoom mit Kollegen zur Kaffeepause verabreden.

Das Homeoffice hat aber auch riesige Vorteile. Zunächst fällt da nämlich ein gutes Stück Alltagshektik weg. Wer sich zweimal täglich durch den Stau, im heillos überfüllten Tram oder stehend in der überbevölkerten S-Bahn über den Arbeitsweg quälen muss, hat mehr Stress. Die durch den wegfallenden Arbeitsweg gewonnene Zeit kann man verwenden, um länger zu schlafen, untertags joggen zu gehen, Unkraut zu jäten, friedlich einen Kaffee zu trinken – perfekt für die ausgeglichene Work-Life-Balance.

Des einen Lust, des anderen Last: In meinem Bekanntenkreis finden sich einige Personen, die behaupten, dass sie im Homeoffice effizienter arbeiteten als im Büro. Man werde weniger abgelenkt und weniger gestört. Wenn man nicht noch nebenbei Homeschooling erledigen und gelangweilte Kids bespassen muss, kann man im Homeoffice ungestört vorwärts arbeiten. (Katzenhalter sind da natürlich ausgenommen. Wer eine Katze hat, weiss, wovon ich schreibe.)

Auch aus Sicht der Arbeitgeber lassen sich Vorteile festmachen. Wer mit seiner Belegschaft fixe Tage im Homeoffice vereinbart, kann durch eine geschickte Planung die benötigte Bürofläche reduzieren und spart so Kosten. Sogar wenn er sich irgendwie an der Infrastruktur zu Hause beteiligt. Kommt hinzu, dass weniger gestresste Mitarbeiter effizienter arbeiten.

Nicht zuletzt sind die positiven Auswirkungen von Homeoffice auf die Umwelt. beträchtlich. Ein Tag pro Woche zu Hause arbeiten, entspricht 20 % der Arbeitszeit. 20 % weniger Verkehr fallen ins Gewicht: weniger Abgase, weniger verstopfte Strassen, weniger Stress, reinere Luft – und genügend Parkplätze. Yeay!

Nicht überall ist es möglich, zu Hause zu arbeiten. Daher ist es utopisch, dank Homeoffice von 20 % weniger Verkehr auszugehen. Dennoch, wer kann, sollte regelmässig von zu Hause arbeiten. Die positiven Aspekte überwiegen. Und all die eingangs erwähnten Schwierigkeiten sind während eines Tages in der Woche locker zu verkraften.

Ich mache es umgekehrt. Als selbstständige Texterin arbeite ich seit Jahren (gerne) von zu Hause. Einmal pro Woche bin ich im Co-Work-Space, um den Drive einer Community zu spüren und meinen Alltag mit ein bisschen Urbanität zu pimpen.

Wir brauchen dringend eine grünere Wirtschaft, und ich bin von Homeoffice überzeugt. Arbeitet jeder, der kann, nur einen Tag pro Woche im Homeoffice, ist für die Nachhaltigkeit, bereits einiges erreicht. Deshalb: Ja, ich hoffe, dass das Homeoffice zur neuen Normalität gehören wird.