Ein Königreich für ein Briefing

 
Ich vermute, ich werde nahezu jedem Texter aus der Seele schreiben, wenn ich hier das gute alte Briefing auf den Schild hebe. Denn nichts erschwert unsere Arbeit so sehr wie eine unklare Aufgabenstellung. Wenn der Texter weder weiss, wo der Text erscheint, noch die Zielgruppe kennt oder mit den Zielen vertraut ist, die mit dem Beitrag erreicht werden sollen, stehen seine Chancen schlecht, ein befriedigendes Resultat abzuliefern. Ganz, ganz, ganz schlecht. Texte, die nicht den Vorstellungen des Kunden entsprechen, belasten das Verhältnis der Geschäftspartner. Und es kostet nicht nur Nerven, den Text so zu trimmen, dass er passt, sondern auch Zeit und unnötig Geld. Und wer will schon Geld verschwenden? Eben.

Vielleicht stellt sich nun der eine oder andere von euch auf den Standpunkt, dass wenn er das Texten „outsourced“, er nicht noch dämlich viel Zeit verbraten will, um dem Texter seine Aufgabe auf dem Silbertablett zu servieren. Da könnte er oder sie es gleich selbst schreiben. Da muss ich widersprechen: Es ist wie mit der Kunst, die euch manchmal banal erscheint – etwa, wenn ihr im Museum auf eine simpel blau angepinselte Leinwand stosst oder euch eine verschmutzte Badewanne präsentiert wird – was euch zu einem kopfschüttelnden „Kannichauch“ hinreisst: Nein, könnt ihr nicht. Dito beim Texten: Der Texter hat nämlich nicht nur das Schreiben, sondern auch das korrekte Deutsch drauf. Er korrigiert und feilt bis zum Geht-nicht-mehr. Er kennt sich aus mit zielgruppengerechter Ansprache und mit SEO. Er überprüft den Text auf Lesbarkeit, Keyworddichte, Satzlänge – kurz: Er hätschelt euren Text so, wie ihr das selbst nie tun würdet.

Aber ich schweife ab. Es geht um die Notwendigkeit eines sauberen Briefings. Gleich einem Konzept hilft uns das Briefing, unser Vorhaben in übersichtliche Teilbereiche zu strukturieren. Zugleich zwingt es uns, uns zu den einzelnen Aspekten Gedanken zu machen, ohne das grosse Ganze aus den Augen zu verlieren. Wenn mir ein Kunde sagt, er wolle kein Blabla, sondern nur die wichtigen Fakten, ist das noch kein Briefing. Wichtig für wen? Den Auftraggeber? Ganz schwierig wird es auch, wenn es jemand – zu Recht – kurz und knackig will, mir aber eine A4-Seite voll Themen schickt, die in den Text rein müssen. Auch ist es nicht zielführend, wenn ihr dem Texter sagt, er solle den Text ändern, aber nicht ausführt, was bitte geändert werden soll. Dilettantisch? Texteralltag „at its best“.

Aber lasst uns mal beleuchten, was in so ein Briefing überhaupt reingehört:

  • Thema des Textes – und zwar nicht nur ein Titel als Vorgabe. Es geht auch darum, sich Gedanken zur Message zu machen, welche Haupt- und Nebenbotschaften in das Werk integriert werden müssen.
  • Ziel – Ziele formulieren, das tönt banaler, als man denkt. „Möglichst viele Klicks“ kann beispielsweise kein Ziel sein. Geht es im Beitrag um Imagepflege? Wollt ihr Adressen sammeln? Umsätze steigern? Wie viel, wann, wo, bis wann? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele liebenswerte Zeitgenossen hier mächtig schwertun. Denn die Zielvorgaben müssen wir am Schluss eines Projektes auch überprüfen. Um diese Verbindlichkeit machen aber viele lieber einen grossen Bogen.
  • Zielgruppe – euch ist schon klar, dass ich bei Teenagern anders argumentiere als bei Rentnern? Dass für Frauen andere Gründe ziehen als für Männer? Dass „Alle“ keine Zielgruppe sein kann? Auch wenn’s schwerfällt, es geht nicht, ohne die Personengruppe(n) einzugrenzen, die man ansprechen will.
  • Textgattung – die ist zwar oft selbsterklärend, etwa bei Briefen oder Internetinhalten. Aber es ist wie so oft: Gut, haben wir darüber gesprochen.
  • Textumfang – dazu braucht’s keine grosse Erläuterung. Dennoch: Driften die Vorstellungen vom Textinhalt und der Textlänge zu sehr auseinander, wird es wichtig, die Themen mit dem Texter zu priorisieren, respektive einige rauszukippen.
  • Sprache, Tonalität – zwar lässt sich vieles vom Produkt, der Textgattung oder der Zielgruppe ableiten. Und doch: Ich kann emotional, lustig, gehoben, einfach oder sachlich schreiben, um nur ein paar Aspekte zu nennen. Kleine Anekdote: Ein Kunde wollte von mir Stil und Tonalität auf dem neusten Stand der Kommunikation. Doch er hat jeden von mir geschriebenen Satz wieder in sein geschwurbeltes Akademikerkauderwelsch zurückverwandelt. Es kann also nicht schaden, sich im Voraus über Stil und Tonalität Gedanken zu machen.
  • Wo erscheint der Text – das ist vor allem wichtig, wenn es sich um einen redaktionellen Beitrag handelt. Internet, Printmedien? Und falls Print: Lokalzeitung, Fachzeitschrift?

Das waren jetzt die sprachlichen Aspekte, die Zutaten sozusagen, die der Texter benötigt, um überhaupt zu liefern. Doch auch übers Geschäftliche müssen wir sprechen:

  • Gibt es einen Budgetrahmen? Bestimmt! (Sollte jemand über Budgets verfügen, die nach oben offen sind, bitte unbedingt bei mir melden.)
  • Deadlines – je nachdem Redaktionsschluss, Gut zum Druck, Produktion, Verteilung
  • Welche internen oder externen Dienstleister sind ebenfalls im Projekt involviert?

Dass vor allem zu Beginn der neuen Zusammenarbeit der Texter so einiges Hintergrundwissen zur Firma braucht, Dienstleistungen, Produkte und Ansprechpartner und Verantwortungsbereiche kennen muss, ist selbstverständlich, oder?

Man kann natürlich pingelig sein undakribisch bis ins letzte Detail jede mögliche Information eintreiben. Und damit die Geduld des Auftraggebers über Gebühr strapazieren. Je besser ihr euren Schreiberling kennt und je länger ihr mit ihm zusammenarbeitet, desto weniger muss er gebrieft werden. Wenn er euch nervt, weil er seine Vorgaben einfordert, bedenkt: Er hilft euch a) Struktur in euer Projekt zu bringen, b) eure Aktivitäten zu hinterfragen, c) Ziele zu definieren und d) nicht zuletzt einen Haufen Geld zu sparen. Was zunächst als administrativ aufgeblähter Papierkram aussieht, entpuppt sich als kommunikative Schnittstelle zwischen Auftraggeber und Texter und ist Basis für eine reibungslose Zusammenarbeit.

Beflissene Texter stellen ihren Kunden ein Briefingsformular zur Verfügung. Hier geht’s zu meinem: 201901_Vorlage_Briefing