Das Komma: kleiner Strich mit grosser Wirkung

Hand hoch, wer die Kommaregeln im Griff hat. Wirklich? Nun, während ich mich tagtäglich durch Geschriebenes und Gedrucktes aus dem Geschäftsalltag quäle, dämmert bei mir der Verdacht, unzählige Zeitgenossen taxierten das Komma als hoffnungslos überbewertet.

In meinem letzten, gänzlich interpunktionsfreien Blog versuchte ich, aufzuzeigen, wie unlesbar Texte ohne Satzzeichen sind. Konsequenterweise wollen wir uns in diesem Blog der deutschen Interpunktion annähern – und mit dem härtesten Brocken beginnen, dem Komma.

Jedes Komma erfüllt einen Zweck
Ich würde jetzt nicht so weit gehen, zu behaupten, richtig gesetzte Kommas könnten Leben retten. Doch folgende (nicht ganz ernst gemeinte) Beispiele zeigen, wie (k)ein Komma den Sinn einer Aussage verändert:

Wir essen jetzt, Maximilian-Kevin.
Wir essen jetzt Maximilian-Kevin.

Tötet ihn, nicht freilassen.
Tötet ihn nicht, freilassen.

Nochmals zwei Beispiele, welche die grosse Wirkung dieses so wichtigen Winzlings demonstrieren:

Die Frau sagt, der Mann könne nicht Auto fahren.
Die Frau, sagt der Mann, könne nicht Auto fahren.

Nina Lea hat den schönsten Hintern weit und breit.
Nina Lea hat den schönsten Hintern, weit und breit.

Hier wird’s definitiv unübersichtlich:

Karin rät, Heidi nicht immer alles zu berichten.
Karin rät Heidi, nicht immer alles zu berichten.
Karin rät Heidi nicht, immer alles zu berichten.
Karin rät Heidi nicht immer, alles zu berichten.

Wie alle diese Beispiele zeigen, müssen wir uns tatsächlich überlegen, was wir eigentlich sagen wollen. Und dementsprechend setzen wir die Kommas. Höchste Zeit also, dass wir uns den Kommaregeln zuwenden:

1. Regel: Haupt- und Nebensätze sowie aneinander gereihte Hauptsätze werden durch ein Komma abgetrennt.
Diese Regel ist mein persönliches Heureka. Habt ihr sie einmal intus, werdet ihr eure Kommafehler um ein Vielfaches minimieren. Dann interessieren euch Infinitiv- und Partizipgruppen, Konjunktionen und andere Stolpersteine nur noch am Rande. Doch dazu muss man wissen, wie sich ein Hauptsatz von einem Nebensatz unterscheidet. Grob gesagt, kann man sich an folgender Regel orientieren:

• Im Hauptsatz steht das (konjugierte) Verb an zweiter Stelle; im Nebensatz am Schluss:
Er weiss (HS), dass er zu wenig Sport treibt (NS).
Sie eilte herbei (HS), um ihm zu helfen (NS).
Fakt ist (HS), er arbeitet zu viel (HS).
Die Regel gilt auch für eingeschobene Haupt- und Nebensätze:
• Er wird (HS 1. Teil), sofern es nicht schneit (eingeschobener HS), am Samstag in die Berge fahren (HS 2. Teil).
Ich finde, das ging jetzt schon ganz flott. Und ihr?

2. Regel: Das Komma setzen wir bei Aufzählungen gleichrangiger Wörter. Und zwar dann, wenn diese nicht durch die Wörter „und“ respektive „oder“ verbunden sind.
Das sieht in der Praxis folgendermassen aus:
• Sie kauft rote, schwarze, grüne und blaue Filzstifte.
• Er hat eine lustige, spannende und lehrreiche Comicreihe gezeichnet.

Aber:
• Sie schwört auf eine gesunde, vitalstoffreiche Ernährung.
• Im Zentrum steht eine gesunde mediterrane Ernährung.
Im ersten Fall handelt es sich eindeutig um gleichrangige Adjektive. Im zweiten Fall nicht, denn bei der mediterranen Ernährung handelt es sich um einen festen Begriff. Zugegeben, die Abgrenzung ist nicht immer ganz einfach. Am besten merkt ihr es euch so: Wenn ihr die Wörter mit „und“ koppeln könnt – und es ergibt immer noch Sinn, setzt ihr ein Komma. (Gesunde und mediterrane Ernährung tönt schräg, nicht wahr). Tröstlich hier ist immerhin, dass ein fehlendes oder falsch gesetztes Komma nicht den Sinn einer Aussage verdreht.

3. Regel: Das Komma steht bei Einschüben, Zusätzen und Nachträgen.
Diese Regel sollte euch vor keine allzu grossen Herausforderungen stellen.
• Sabina Binggeli, die Teamchefin, befindet sich auf Urlaub.
• Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, können das mit Ihrer Stimme entscheiden.
• Die Übernachtung kostet CHF 110.— pro Person, Frühstück und Taxen inklusive.
War doch nicht so schwer, oder?

4. Regel: Bei Datums- und Ortsangaben wird ein Komma gesetzt.
Diese Regel ist hauptsächlich für die Geschäftswelt von Belang. Beachtet, dass das erste Komma obligatorisch ist; das zweite jedoch nicht. Wer das Komma nun liebgewonnen hat, kann eines setzen.
• Das Computergame kommt am Freitag, 10 April in die Läden.
• Die Sitzung findet am Mittwoch, 4. November(,) in Zürich statt.
• Susanne Huber, 8810 Horgen, kandidiert für den Gemeinderat.

5. Regel: Ein Komma ist bei einschränkenden, entgegensetzenden, aneinanderreihenden und nebenordnenden Konjunktionen zu setzen.
Dazu muss man jetzt wissen, welche Konjunktionen das betrifft. Hier eine Auswahl:
• aber
• einerseits – andererseits
• sondern
• teils – teils
• nicht nur – sondern auch

In der Praxis sieht das wie folgt aus:
• Sie ist klein, aber zäh.
• Er spricht nicht nur Italienisch, sondern auch Spanisch.

Aber aufgepasst: Vor oder zwischen folgenden Konjunktionen steht kein Komma:
• und
• oder
• entweder – oder
• weder – noch
• sowohl – als auch

Hier zwei Beispiele dazu:
• Ich habe weder Zeit noch Lust, an die Familienfeier zu gehen.
• Das macht mich sowohl wütend als auch traurig.

Noch ein letzter Hinweis: Auch vor Nachträgen wie „und zwar“, „nämlich“ oder „insbesondere“ steht immer ein Komma.

Mein bester Rat: Übt das mit den Haupt- und Nebensätzen. Ihr werdet schon bald zu wahren Kommachampions mutieren und eure Kommafehler um gefühlte 80 % reduzieren. Wetten, dass …?