Mit dem heutigen Thema möchte ich mich einmal mehr den Adjektiven widmen. Ein offensichtlich ergiebiges Thema. Denn die Wortgattung ist unter Experten umstritten. Obwohl: Umstritten bringt es nicht auf den Punkt. Vielmehr ist man sich einig, dass man vermeiden sollte, zu viele Adjektive zu verwenden. Ich bin zwar einverstanden, dass Adjektive in der Geschäftskommunikation meist überflüssig sind. Dennoch kommt man nicht ganz ohne aus. Ich finde, wenn wir sie schon verwenden, dann bitte richtig.
Bestimmt kennt ihr alle die Formulierung aus Arbeitszeugnissen: Er hat alle seine ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollsten Zufriedenheit ausgeführt.
Ein sprachliches Highlight. Denn voller als voll, also am vollsten, gibt es nicht. Ich weigerte mich mal, diese Floskel in ein Zeugnis zu schreiben. Ich lobte den Mitarbeiter durchs ganze Zeugnis hindurch und schrieb abschliessend die unumgängliche Floskel, wonach er die Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit ausführte. Au weija. Der betroffene Mitarbeiter wehrte sich vehement und bestand auf der Formulierung. Gut, ich hab klein beigegeben. Da ich ja tatsächlich aufs Vollste zufrieden mit ihm war.
Dennoch, meinem Sprachempfinden tun solche Formulierungen etwas weh. Es gibt nun mal Adjektive, die man nicht steigern kann. Wie eben die Vokabel voll. Voll ist voll. Sonst ist etwas halb voll, dreiviertelvoll, übervoll. Aber am vollsten – was bitte soll das sein?
Auch tot kann man nicht steigern. Wenn man tot ist, kann man nicht noch töter werden. Zudem gibt es unter einer Gruppe Verstorbener niemand, dem man das Attribut am tötesten zuordnen könnte.
Desgleichen einzig: Bin ich die «einzigste» Person, die sich daran stört, wenn wir nicht steigerbare Adjektive steigern? Wäre ich als einzige Person eben doch nicht die einzige?
Zum Abrunden hier noch ein paar weitere Adjektive, die sich weder vergleichen noch steigern lassen:
- schwanger
- fertig
- optimal
- perfekt
- viereckig
- richtig
- falsch
- mündlich
- schriftlich
- gleich
Was ist diesen Adjektiven eigen? Es handelt sich jeweils um absolute Eigenschaften; man nennt sie deshalb absolute Adjektive. Adjektive ohne Komparativ oder Superlativ. Sie gelten ganz oder nicht. Deshalb hätte die Formulierung «zur vollsten Zufriedenheit» auch in einem Arbeitszeugnis nichts zu suchen.